5 Anfänger-Fehler, die ich als Fotograf gern vermieden hätte

Oliver M. Zielinski Oliver M. Zielinski - 24. Oktober 2019 - in: Ausrüstung | In eigener Sache | Tutorials

5 Anfänger-Fehler, die ich als Fotograf gern vermieden hätteAls ich meine erste eigene Kamera – eine gebrauchte Pouva Start mit Kunststoff-Korpus – in den Händen hielt, war ich 7 Jahre alt. Über Anfänger-Fehler machte ich mir damals noch keine Gedanken. Ich knipste zunächst mit Vaters Hilfe nur, was um mich herum geschah.

Erst viel später, als nicht nur der Inhalt, sondern auch die Qualität der Fotos besser werden musste, machte ich einige Erfahrungen, die sich im Nachhinein als schmerzliche Fehleinschätzungen und -investitionen herausstellten. Um Sie davor zu bewahren, schreibe ich diesen Artikel. Wie immer geht es um persönliche Lehren, die sich nicht zwingend mit den Erlebnissen anderer Fotografen decken müssen. Aber glauben Sie mir – der Erfahrungsschatz nach über 30 Jahren bezahlter Fotografie macht mir und Ihnen das Leben leichter.

Im Beitrag geht es vorrangig um Mythen zur Ausrüstung und zur fotografischen Fortbildung. Einzelne Produktlinks führen zu Informationen bei Amazon.de. Viel Spaß beim Lesen.

1. Ein gutes Objektiv ist wichtiger als eine Spitzenkamera

Als ich später meine erste analoge Spiegelreflexkamera kaufte, gehörte zum Set ein so genanntes Normalobjektiv mit 50 mm Brennweite. Dieses gibt in etwa den gleichen Blickwinkel wieder, den wir mit unseren eigenen Augen haben. Schnell wuchs mein Wunsch, größere Bildwinkel aufzunehmen oder entfernte Dinge groß zu fotografieren. Also wanderten ein preiswertes Weitwinkel- und Teleobjektiv mit Zoomfunktion in meine Fototasche. Diese wurde natürlich gleich deutlich schwerer. Enttäuscht merkte ich bald, dass die Bildqualität bei weitem nicht mit dem kleinen und leichten Normalobjektiv mithalten konnte.

  • Irgendwie fehlte die Grundschärfe.
  • Die Bildecken waren besonders unscharf und außerdem dunkel.
  • Eigentlich gerade Linien an den Bildrändern waren deutlich gebogen.

Also wechselte ich die Zoomobjektive und bewegte mich dabei in immer höhere Qualitäts- und Preisregionen. Die Abbildungsqualität wurde tatsächlich besser.

Hinzu kamen im Laufe der Zeit auch Spezialobjektive, beispielsweise für Macroaufnahmen von ganz kleinen Gegenständen. Oder Fisheye-Objektive mit extrem großem Bildwinkel, die absichtlich alle geraden Linien an den Kanten gebogen darstellen. Und dann noch Porträtobjektive, mit denen man Personen sehr schön vor unscharfem Hintergrund fotografieren kann.

Irgendwann merkte ich, dass man viel Geld ausgeben muss, wenn man mit seinen Objektiven alle fotografischen Genres und Stile bedienen möchte. Als ich mich der Immobilienfotografie verschrieb, trennte ich mich von vielen Objektiven und konzentrierte mich auf Qualitätslinsen für diesen einen Zweck und einige Allround-Objektive.

Diese Objektive sind heute für die Immobilienfotografie übrig

Die einzigen Objektive

Mit diesen Objektiven bewältige ich fast alle Fotoaufgaben rund um das Thema Immobilienfotografie. Von links: Tamron 15-30, Nikkor 10-24, Nikkor 50, Nikkor 24-120, Nikkor 18-200. Auf dem Bild fehlt das Tilt-Shift-Objektiv Nikkor 24.

  1. Tamron SP 15-30mm F/2.8
    Weitwinkel-Zoom für meine Kameras mit Vollformatsensor – Hiermit entstehen 90 Prozent meiner Immobilienfotos.
  2. Nikon AF-S DX Nikkor 10-24mm 1:3,5-4,5
    Weitwinkel-Zoom für meine Reservekamera mit der Sensorgröße DX (APS-C)
  3. Nikon 19mm 1:4E ED
    Tilt-Shift-Objektiv mit Verzerrungsausgleich in Architekturfotos – Dieses Spezial-Objektiv wird eher selten verwendet.
  4. Nikon AF-S NIKKOR 50 mm 1:1,8G
    das gute alte Normalobjektiv (in Fotografenkreisen „Nifty-fifty“ oder auch „Plastic-fantastic“ genannt) – Bei Detailaufnahmen macht es eine sehr gute Figur.
  5. Nikon AF-S 24-120mm 1:4G
    ein Allround-Objektiv für fast jeden anderen Zweck
  6. Nikon AF-S DX Nikkor 18-200mm 1:3,5-5,6 G
    ein Allround-Objektiv für fast jeden anderen Zweck an der DX-Kamera – Das ist der schwächste Kandidat. Ich halte ihn nur, weil er einen selten benötigten Telebereich beinhaltet (200 mm entsprechen 300 mm an DX).

Für andere Zwecke miete ich mir Objektive bei Fachhändlern mit Mietstation. Das ist auf Dauer viel preiswerter, statt diese selten verwendeten Objektive im eigenen Regal einstauben zu lassen.

Fazit zu Anfänger-Fehler Nr. 1

An meinen Kameras aus dem Modelljahr 2014 (gekauft 2016 und 2017) machen die Spitzenobjektive die gleichen guten Fotos wie an Kameras aus dem aktuellen Modelljahr (2019). Aktuelle Billiglinsen (Fotografen reden gern von „Scherben“) produzieren hingegen immer die gleichen fehlerbehafteten Bilder.

Ich kaufe neue Kameras NIE mit dem dazu angebotenen extrem billigen Kit-Objektiv. Das gesparte Geld dient viel besser als Grundstock für eine vernünftige Optik. Einmal richtig investiert, reicht in diesem Fall ewig – auch für den Amateur.

2. UV-Filter sind fragwürdig

Da ich mein wertvolles Objektiv vor Staub, Fingerabdrücken und Wassertropfen schützen wollte, ließ ich mir bei meinem ersten Kamerakauf im Fotohandel einen UV-Filter verkaufen, der sich vor die Frontlinse schrauben lässt.

Ursprünglich hatte der UV-Filter die Aufgabe, bei der Fotografie auf Film den ultravioletten Anteil am Licht auszusperren, um so eine bessere Belichtung und genauere Farben zu ermöglichen.

Seit die Fotografie digital erfolgt und alle Bilder bearbeitet werden können, fällt diese Aufgabe weg. Es bleibt also nur noch der angebliche Schutz der Vorderlinse des Objektivs vor mechanischen Einwirkungen.

Dieser Filter ist zunächst nichts weiter als eine klarsichtige bedampfte Glasscheibe. Wenn man sein mehrere Hundert Euro teures, mit hochvergütetem Glas ausgestattetes Objektiv nicht qualitativ degradieren möchte, muss man also einen ebenso hochvergüteten UV-Filter kaufen, der locker das Doppelte bis Vierfache der einfachen Version kostete. Und hier setzte ich mich gewissermaßen unter Investitionsdruck: Mit wachsender Fotobegeisterung wuchs auch die Anzahl der Objektive mit verschiedenen Brennweiten (siehe Fehler Nr. 1). Da sie verschiedene Frontdurchmesser hatten und ich nicht immer umschrauben wollte, kaufte ich für nahezu jedes neue Objektiv einen solchen Filter.

UV-Filter im Test

Mein letzter UV-Filter (den keiner mehr haben wollte) im Durchlicht-Test: Es ist kein Unterschied im Vergleich zum filterfreien Bildteil zu bemerken.

Mehrere Hundert Mark an Filterkosten fielen so ganz nebenher an, die ich eigentlich hätte vermeiden können. Die Augen öffnete mir Musikfotograf Guido Karp (AC/DC, Phil Collins, Rammstein, Robbie Williams etc.), dessen Profi-Workshops ich besuchte, und der mir zeigte, dass man selbst mit einer beschädigten Frontlinse am Objektiv noch ansprechende Fotos machen konnte.

Fazit zu Anfänger-Fehler Nr. 2

Ich verkaufte also alle meine UV-Filter für einen Bruchteil ihres Kaufpreises und mache mir seit vielen Jahren keine Gedanken mehr über Beeinträchtigungen der Frontlinsen. Um mechanische Einwirkungen abzuwehren, tragen alle meine Objektive permanent die mitgelieferte Gegenlichtblende. Das funktioniert perfekt. Falls doch einmal Flecken und Fingerabdrücke auf dem Glas landen, werden sie durch kreisende Bewegungen mit einem Microfasertuch entfernt.

Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass ich dennoch einen gerechtfertigten Einsatzbereich für UV-Filter kenne: Beim Fotografieren auf oder an stürmischer See kann man mit der aufschraubbaren Glasscheibe die permanente klebrige Salzwassergischt fernhalten. Den Filter kann man hinterher gegebenenfalls mit klarem Wasser spülen – das Objektiv lieber nicht.

3. G.A.S. – Die Sucht nach neuem Spielzeug

Es gibt eine Epidemie unter Technikfreunden – das so genannte Gear Acquisition Syndrome (G.A.S.). Wann immer es für das eigene Interessengebiet ein neues Produkt oder einen neuen Hype gibt, möchte man es selbst besitzen und ausprobieren. Das betrifft nicht nur Fotografen, sondern beispielsweise auch Musiker, Autotuner oder Modellbauer. Psyche, Bankkonto und Freizeit beginnen, zu leiden.

  • Betroffene haben (meist nur kurzfristig) viel Spaß.
  • Sie investieren viel Geld (manchmal sinnlos).
  • Sie betreiben einen großen Zeitaufwand.

Wenn Sie den vorhergehenden Abschnitt zum Thema Objektive gelesen haben, mögen Sie vermuten, dass auch ich an diesem Abgrund stand. Ich kann Sie aber beruhigen – mit folgenden konsequenten Maßnahmen kann man sehr gut, die Produktneugier beschwichtigen:

  1. Wenn ein neues Teil gekauft wird, muss ein anderes verkauft werden. Das wird vorher entschieden.
  2. Bis auf Studioausrüstung und Stative muss das ganze Equipment in meinen Fotokoffer passen.
  3. Die Gemeinschaft mit anderen Fotografen(freunden) macht es möglich, kostenfrei deren Equipment auszuprobieren (irgendwer hat immer das interessante Teil dabei). Also hat man keinen G.A.S.-Stress.
  4. Lange nicht benutztes Equipment wird verkauft / verschenkt / entsorgt. Einmal im Jahr gibt es dazu eine Bestandsaufnahme.
Ausrüstung für die Immbilienfotografie

Das ist der größte Teil meiner Ausrüstung für die Immobilienfotografie. Was auf dem Foto fehlt, sind das Tilt-Shift-Objektiv, ein leichtes Reisestativ, der Fotokoffer, eine große, eine mittelgroße und eine kleine Fototasche sowie ein Fotorucksack. Je nach Auftragsumfang und Art der Anreise stelle ich aus diesen Teilen das jeweils benötigte Equipment zusammen.

Fazit zu Anfänger-Fehler Nr. 3

Okay, der Wert meiner gesamten derzeitigen Fotoausrüstung (Kameras, Objektive, mobiles Studio, Software, Hardware) beläuft sich vermutlich auf einen unteren fünfstelligen Euro-Betrag. Genau lässt sich das schwer beziffern, da Teile dieser Ausrüstung einem natürlichen Wertverlust unterliegen, ohne, dass jedoch der tatsächliche Nutzwert sinkt. Sie besteht aber fast nur aus Einzelteilen, die häufiger im Einsatz sind.

Als Immobilienprofi, ohne ausgesprochene Fotoambitionen können Sie bereits mit Ausrüstung im unteren vierstelligen Euro-Bereich exzellente Aufnahmen machen. Schauen Sie in meine Ausrüstungsempfehlungen. Mehr brauchen Sie zunächst nicht.

4. Bei Kameras sollte das Ablaufdatum beachtet werden

Als ich meine erste digitale Spiegelreflexkamera in den Händen hielt, dachte ich, dass ich sie genauso lange behalten würde, wie ihre analoge Vorgängerin. Diese hatte über 12 Jahre klaglos ihren Dienst verrichtet und mit den passenden Objektiven über hunderttausend starke Fotos auf Film gebannt. Ein Modellwechsel sollte erst in Frage kommen, wenn sie irreparabel Schaden genommen hätte.

Die Hersteller vermitteln gewerblichen Fotografen das Gefühl, dass die besten Ergebnisse nur mit der aktuellsten Digitalkamera-Generation erzielt werden. Die Produktzyklen sind sehr kurz geworden. Mehr Megapixel, besserer Autofokus, bessere Bilddynamik, sind häufig die Schlagworte. Die Hersteller haben insofern Recht, als dass neue Modelle durchaus immer bessere Bilder machen. Ob der Qualitätssprung allerdings einen Modellwechsel rechtfertigt, ist jedermanns eigene Entscheidung.

Diese Kameras haben Ihre besten Tage lange hinter sich.

Diese Kameras haben Ihre besten Tage lange hinter sich – von links Modelljahr 1951, 1950, 1959 – aber bis auf das linke Modell sind sie sofort einsatzbereit.

Die Wahrheit liegt meiner Meinung nach irgendwo zwischen den zwei geschilderten Extremen. In meinen Fotoworkshops für Immobilienprofis habe ich bei den Teilnehmern die Fotoergebnisse von vielen hundert Kamera-Objektiv-Kombinationen mit einem Modellalter von 0 bis 15 Jahren kennengelernt. Dabei hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein Modellwechsel der Kamera nach etwa sieben Jahren sinnvoll erscheint. Dann ist der Qualitätssprung offensichtlich so groß, dass eine neue Kamera wahrnehmbar bessere Fotos macht.

Natürlich spielt auch der Verschleiß durch die Benutzung eine Rolle. Hier erweisen sich Kameras bei normaler Nutzung als sehr langlebig. Bei einfachen Spiegelreflexkameras ist der Verschluss, also das mechanische Teil, das die Belichtung ermöglicht, auf rund 100.000 Auslösungen ausgelegt. Hingegen liegt diese Zahl bei Profikameras bei 300.000 und mehr. Die meisten Hersteller geben eine solche Verschleißgrenze für ihre Kameras an.

Spartipp: Wenn man bislang mit einem vorher beschriebenen Top-Objektiv gearbeitet hat, passt dieses häufig auch an eine neue Kamera der gleichen Marke. Die Altkamera kann dann gern als Reservegerät dienen.

Fazit zu Anfänger-Fehler Nr. 4

Wenn Sie jetzt mitgerechnet haben, steht bei meinem aktuellen Kamerabestand im übernächsten Jahr ein Wechsel an. Ich beobachte den Markt schon jetzt mit Interesse.

5. Fähigkeiten sind anfangs wichtiger als die Ausrüstung

Bislang habe ich hier nur über die Fotoausrüstung geschrieben. Mit einem Top-Equipment macht man aber nicht automatisch starke Fotos.

Erst das nötige Fotowissen sorgt dafür, dass der Fotograf nicht mehr knipst, sondern dass er tatsächlich fotografiert. Die Erfolge stellen sich meist umgehend ein. In meinen Workshops ist es für die teilnehmenden Immobilienprofis immer wieder verblüffend, wie sie noch während der Veranstaltung ein deutlich besseres Qualitätsniveau erreichen.

Ich selbst habe als jugendlicher Fotohobbyist mein Grundwissen aus Büchern und praktischen Erfahrungen gezogen. Das war zugegebenenermaßen ein langwieriger Prozess. Bessere Ergebnisse wollten sich nur mühsam einstellen. So richtig zufrieden war ich damit noch nicht. In meinem engeren Umfeld gab es keinen Foto-Nerd, mit dem ich mich austauschen konnte.

Erst die pressefotografische Ausbildung beim Studium hat das Ganze dann in geordnete Bahnen gelenkt. Meine Ausrüstung war zu diesem Zeitpunkt immer noch die einfache analoge Spiegelreflexkamera mit dem Normalobjektiv. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Aufnahmen aber deutlich besser, weil neben der Kamerabeherrschung eben auch Dinge wie Bildkomposition und -gestaltung eine Rolle spielten. Mit diesem Wissen und nach den mitunter ruppigen Kommentaren der Fotokollegen in der Zeitungsredaktion entstanden schon bald sehr gute Pressefotos.

Mit dem Umstieg auf die digitale Fotografie ließen sich deutlich schneller die Ergebnisse auswerten, weil der langwierige Entwicklungsprozess von Film und Papierbild wegfiel. Damit nahm die Lernkurve einen steilen Anstieg an. Insbesondere der Zusammenschluss mit Fotoprofis, der gegenseitige Austausch bei gemeinsamen Workshops, Studioshoots und Fotowalks gaben der Qualität der Aufnahmen einen neuen Schub. Und nicht zuletzt die gewiss teueren aber sehr effizenten Spezial-Workshops bei internationalen Fotoprofis wie Scott Kelby, Guido Karp oder Mimo Meidany verhalfen mir zu immer neuen Ansprüchen an meine eigene Arbeit. Doch meine Weiterbildung scheint nie zu enden – weil es immer neue selbst gesteckte Ziele gibt.

Fazit zu Anfänger-Fehler Nr. 5

Ein Grundlagen-Workshop in kleiner Gruppe hätte mir zu Anfang ganz sicher sehr geholfen, diesen steinigen Weg der Anfangsjahre zu vermeiden. Heute kann man sich zwar mit Online-Tutorials das Wissen eintrichtern, doch niemand gibt ausreichendes und vor allem objektives Feedback, damit aus den erkennbaren Fehlern weiter gelernt werden kann. Diese Rückmeldung erfolgt am effektivsten unter vier Augen.

Das waren also fünf Anfänger-Fehler …

… die mir zu Beginn meiner Fotografenlaufbahn das Leben schwer machten. Die Bandbreite der einzelnen Fehler schwankt zugegebenermaßen erheblich zwischen einer simplen Glasscheibe und dem Anspruch an die eigene Arbeit. Sie kosteten Geld, und ohne diese Anfänger-Fehler wäre ich bestimmt auch schneller ans Ziel gekommen. Andererseits ist jeder Erkenntnisgewinn ein Grund für’s Weitermachen.

 

 

 
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