Manchmal entstehen unruhige Moiré-Muster auf Immobilienfotos mit Klinkerfassaden, Ziegeldächern oder groben Stoffpolstern. Fotografiert man mit einer digitalen Kamera Objekte, die fein gegliederte gleichmäßige Strukturen aufweisen, können diese Schlieren entstehen. Das ist ärgerlich und beeinträchtigt möglicherweise den Bildeindruck.
Solche Muster können sichtbar werden, wenn:
- gleichmäßige Strukturen sehr fein sind
- diese Strukturen mit dem Pixelraster des Kamerasensors kollidieren und / oder
- die Größe der Bildpunkte des Monitors sich ein wenig von der Größe der fotografierten Strukturelemente unterscheidet
- Aufnahmen mit gleichmäßigen Mustern mit groben Methoden verkleinert werden, damit sie auf einen Bildschirm passen.
Heute erreichte mich der Hilferuf eines ehemaligen Teilnehmers an meinen Fotoworkshops: „Hin und wieder habe ich Probleme mit dem Auftritt von Schlieren bei Aufnahmen von Klinkerbauten. Wie kann ich das abstellen?“ Zunächst konnte ich dem Makler Entwarnung geben. Die Untersuchung seiner Aufnahmen ergab:
Diese Moiré-Muster waren nicht tatsächlich vorhanden – es lag an dem Bildschirm und der qualitativ schlechten Verkleinerung seiner Aufnahme.
Moiré oft nur durch Anzeige verursacht
Es kommt also immer wieder zu diesem Phänomen, da wir die heute die meisten Bilder am Monitor betrachten, wie beispielsweise:
- kleine Anzeige an der Kamera („Mäusekino“)
- Smartphone und Tablet
- Computer-Bildschirme verschiedenster Größen (13″ am Laptop bis 27″ oder mehr am Bürocomputer)
- erzwungene Verkleinerung für festgelegte Größen auf Internet-Seiten.
Wenn diese so genannte Vollbild-Darstellung, die angesichts der vielen Megapixel aus unseren Kameras jedoch extreme Verkleinerungen sind, durch den dahinter arbeitenden Prozessor schlecht erzeugt werden, kann es zu Moirés kommen.
Genau letzteres war der Fall beim zweifelnden Immobilienprofi aus meinem Workshop. Er betrachtete die Aufnahme am Kamerabildschirm, um das Motiv noch einmal zu prüfen. Damit das ganze Bild sichtbar wird, muss es durch die Kamera verkleinert werden. Die Aufnahme selbst hatte 24 Megapixel und der Monitor der Kamera nur ca. 1 Megapixel. Also müssen für die Ansicht benachbarte Bildpixel zusammengelegt werden. So entstünde quasi ein leicht unscharfer Pixelmatsch. Damit jedoch der Schärfeeindruck erhalten bleibt, rechnet die Kamera diese Ansicht künstlich scharf, indem sie die Pixel eben nicht vermatscht, sondern harte Kontraste bewirkt. Um den aufwändigen Rechenaufwand für den vergleichsweise schwachen Kameraprozessor gering zu halten und um Energie der Kamerabatterie zu sparen, ist dieses Verfahren sehr einfach, geradezu plump.
Interferenzmuster sorgen für Schlieren
Durch die sich überlagernden scharfen Muster von verkleinerter Klinkerwand und Kamerabildschirm entstehen die Moirés. Sie sind stärker oder schwächer in Abhängigkeit von der Größe und Perspektive der einzelnen Klinkerelemente. Auch ein leichtes Drehen der Kamera bei der Aufnahme kann dieses Phänomen verstärken.
Diese Überlagerung gleichmäßiger Muster kennt man auch unter dem physikalischen Begriff Interferenz. Bekannt ist dieser Effekt beispielsweise von den sich überlagernden Wellenkreisen, die zwei nebeneinander ins Wasser geworfene Steine erzeugen. Oder aber auch vom Nachrichtenmoderator der ein kleinkariertes Sakko trägt, das sofort anfängt zu schillern, sobald er sich leicht bewegt (siehe unten).
Wichtig nochmal: In diesem Fall betrifft der Moiré-Effekt nur die Anzeige an der Kamera, nicht die eigentliche Bilddatei.
Nur 100% Vergrößerung gibt Gewissheit über Moiré (und echte Bildschärfe)
Gegen eine schlechte Anzeigequalität fremder Medien kann kaum etwas tun. Um andere Fehlerursachen auszuschließen sollte, man das eigene Bildmaterial in guter Qualität aufliefern.
Um diese zu prüfen, ist es immer wichtig, das Bild auf 100% zu vergrößern (auch 1:1-Anzeige genannt), so dass ein Pixel des Bildes mit genau einem Pixel des Monitors übereinstimmt. Und das geht beispielsweise so:
- Besagter Immobilienprofi müsste an seiner Nikon D5500 die Vergrößern-Taste (Lupe mit Plussymbol) sieben mal drücken.
- An meiner professionellen Kamera habe ich diese Vergrößern-Funktion auf eine spezielle Taste gelegt – ein Druck und ich kann sofort die Qualität einschätzen.
- In der Windows-10-App „Fotos“ hilft die Tastenkombination [Strg]+[1].
- In Apples „Fotos“ drücken Sie die Taste [Z].
- Bei Adobe Photoshop gelangen Sie mit [Alt]+[Strg]+[0] (Windows) oder [Alt]+[Cmd]+[0] (Mac) zur 100%-Vergrößerung.
- In Adobe Lightroom klicken Sie im Entwickeln-Modul einfach ins Bild.
Gute Computerbildschirme für die Bildbearbeitung können im Zusammenspiel mit der Grafikkarte und der Software diesen Moiré-Effekt intelligent umgehen und rechnen die verkleinerten Bilder sowohl für die Ausgabe auf dem Bildschirm als auch für den Drucker recht scharf (für die Technikinteressierten: durch bikubische Interpolation).
Damit die Moiré-Muster nicht bei der Darstellung (und willkürlichen Verkleinerung) Ihrer Fotos im Internet entstehen, empfehle ich in meinem Aufbaukurs „Bildbearbeitung für Immoblienfotos mit Adobe Lightroom“, die Dateien immer gleich auf eine passende Endgröße zu exportieren. Adobe Lightroom rechnet dafür beispielsweise die entstehende Musterüberlagerung sehr intelligent um. So wird zumindest eine externe Fehlerquelle für Moirés, die wir nicht beeinflussen können, intelligent umgangen.
Wichtiger Hinweis
Die Bildkontrolle in der 100%-Darstellung hat darüber hinaus eine noch viel wichtigere Funktion: Nur so lässt sich die tatsächliche Bildschärfe prüfen. Denn hier wird jedes Pixel 1:1 dargestellt. Unschärfen fallen sofort auf.
Beseitigung echter Moiré ist in der Software möglich
Als die Bilddarstellung in Immobilienfotos immer schärfer und besser wurde, hatten Kamerahersteller mit dem Problem echter Moirés im Bild zu kämpfen. Deshalb führten sie so genannte Anti-Aliasing-Filter ein, die vor dem Kamerasensor montiert waren. Diese konnten Moirés ganz gut verhindern – das ging jedoch leicht zu Lasten der allgemeinen Bildschärfe. Im Internet grassierten seinerzeit Bauanleitungen für Schärfe-Fetischisten zum Entfernen dieses Filters.
Mit immer wachsenden Bildauflösungen und besseren Möglichkeiten der Moiré-Entfernung in der Nachbearbeitung verschwinden diese Filter zur Zeit wieder. Insbesondere hochwertige Kameras kommen heute häufig ohne AA-Filter in den Handel.
Wenn heute die Muster hartnäckig bleiben – und das ist bitte nur in der 1:1-Ansicht oder 100%-Vergrößerung (ein Pixel im Bild entspricht einem Pixel auf dem Bildschirm) zu beurteilen, ist der anfangs beschriebene erste Fall eingetreten. Dann kollidieren winzige regelmäßige Muster im Motiv direkt mit dem feinen Pixelmuster des Kamerasensors. Doch kann man in Lightroom noch manuell nachhelfen.
Fazit
Moirés können immer dann erkennbar werden, wenn regelmäßige feine Strukturen fotografiert werden. Bei alltäglichen Motiven herrscht strukturell soviel Chaos im Bild, dass diese Muster nicht auffallen. Bei Immobilienfotos hingegen können schon auch mal größere Bildbestandteile sehr gleichmäßig gemustert sein. Dann ist zu prüfen, ob die Software mit Gefühl zur Reparatur eingesetzt werden kann.
Aber ehrlich gesagt: Bei mir ist das lediglich in einem von 1.000 Fotos der Fall. Trotzdem ist es gut, zu wissen wie man dieses Manko beseitigen kann.