Beim letzten Update meiner Basisausrüstung für gute Immobilienfotos wurde ich von aufmerksamen Lesern darauf hingewiesen, dass etwas fehlen würde – ein zur Ausrüstung passendes Blitz-Licht. Es entspann sich eine kleine Diskussion über Sinn oder Unsinn des Blitzeinsatzes.
Ich selbst fotografiere 99,15 Prozent aller Immobilienbilder nur mit dem vorhandenen Licht, also ohne zusätzliches Blitzlicht. Diese aktuelle Zahl habe ich gerade meiner Lightroom-Datenbank entnommen (in der Diskussion hatte ich rund 95 Prozent geschätzt). Die richtige Aufnahmemethode vorausgesetzt, entstehen ohne Blitz natürlich anmutende Bilder – und zwar ohne größeren zeitlichen Aufwand. Nur in seltenen Fällen benutze ich das Blitzlicht, setze es aber für Immobilienfotos niemals oben auf die Kamera.
Ziel muss es sein, einladende und freundliche Fotos zu präsentieren, die uns in die Lage versetzen, ein Objekt zu beurteilen, ohne dass wir selbst vor Ort sind. Die unterbewusst gesammelten Erfahrungen mit Beleuchtung machen hier die Vorgabe für den Betrachter.
Um das Für und Wider des Blitzens für Immobilienfotos geht es in diesem Beitrag. Sie finden vier Gründe, weshalb Blitzen dem Immobiliefoto schadet sowie vier Szenarien, in denen ein Blitz sinnvoll eingesetzt werden kann.
Am Ende der Seite lesen Sie Empfehlungen für Blitzgeräte.
4 Gründe für schlechte Bildqualität durch Blitz-Licht
Das Blitzlicht ist eine sehr kleine und nicht wirklich leistungsstarke Lichtquelle. Daraus ergeben sich Nachteile, die dem Bildeindruck schaden, wenn man den Blitz direkt in oder auf der Kamera einsetzt.
1. Geringe Reichweite und ungleiche Lichtverteilung
Auch wenn uns der Blitz im Moment des Auslösens sehr hell vorkommt, ist seine Reichweite für die fotografische Nutzung sehr gering. Das bedeutet, dass Gegenstände oder Baubestandteile im direkten Umfeld des Blitzes viel zu hell beleuchtet werden, während sein Licht nicht für entferntere Raumecken ausreicht. Das hängt damit zusammen, dass die Beleuchtungsstärke mit der Entfernung von der Lichtquelle mathematisch im Quadrat abnimmt.
Dieses fotometrische Entfernungsgesetz ist für den schnellen Abfall der Lichtintensität im Raum verantwortlich. Trifft Licht mit einer bestimmten Intensität auf eine Fläche, die sich in einer bestimmten Entfernung befindet, so wird eine gleich große Fläche in doppelter Entfernung nur noch mit einem Viertel des Lichtes erhellt. Bei der dreifachen Entfernung ist sie dann nur noch ein Neuntel so stark beleuchtet, bei der vierfachen Distanz nur noch ein Sechzehntel so hell, etc.
Blitze, die direkt in die Kamera eingebaut sind, taugen ohnehin lediglich als Partyblitze (für diese private Verwendung sind sie ursprünglich vorgesehen). Größere Aufsteckblitze sind zwar leistungsfähiger, haben aber das gleiche Problem mit dem Lichtabfall. Wenn man die Blitzleistung erhöht, dann ist womöglich die entfernte Ecke gut ausgeleuchtet, dafür aber höchstwahrscheinlich der Vordergrund völlig überbelichtet.
2. Harte Schlagschatten
Aufgrund der kleinen Lichtquelle entstehen harte Schatten an scharfen Kanten hinter Bauteilen oder Möbeln.
Das liegt zum einen daran, dass der Blitz nie exakt in der optischen Achse der Kamera liegt. Der Blitz ist in den meisten Fällen entweder leicht nach oben oder zur Seite (oder auch beides) versetzt. So beleuchtet er ein Objekt nicht zentral, sondern etwas seitlich oder von oben. Das Objekt wirft auf der jeweils anderen Seite einen Schatten.
Zum anderen liegt es tatsächlich an der geringen Größe. Würde man die Abstrahlfläche der Lichtquelle stark vergrößern, dann könnte das Licht aus mehreren Richtungen auf die ursprünglich beschatteten Bildteile treffen und damit die Schatten aufhellen. Es entsteht weiches Licht. Das erreicht man beispielsweise durch einen Schirm oder eine Softbox.
3. Unnatürliche Lichtführung
Dieser Schattenwurf des direkten Blitzes widerspricht dem natürlichen Beleuchtungseindruck, den wir haben, wenn wir ein Objekt betrachten. Er wäre nur dann realistisch, wenn wir uns beispielsweise einer Gebäudesituation mit einer starken Stirnlampe auf dem Kopf nähern würden. Diese hat auch eine kleine Leuchtfläche und liegt oberhalb der optischen Achse unserer Augen. Sobald wir ein Blitzfoto sehen, merken wir daher unterbewusst, dass mit dem Bild irgend etwas nicht stimmt.
4. Unvorhersehbare Reflexionen
Wenn wir eine Szene mit dem Blitz ausleuchten, machen wir uns vorher Gedanken über den Bildausschnitt. Wir betrachten die Szene und positionieren die Kamera in der richtigen Höhe und im richtigen Winkel zum Raum. Wir können aber nicht sagen, wie der Blitz wirkt, weil er eine viel zu kurze Leuchtdauer (1/10.000 Sekunde) hat und unser Gehirn deutlich zu träge ist, um im Moment des Blitzlichtscheins zu entscheiden. Das wird also erst im Bildergebnis deutlich.
Das betrifft neben der Reichweite, der Schattenbildung und der Lichtführung insbesondere Reflexionen an glänzenden Flächen. Aufgrund der kleinen Lichtquelle erscheinen diese immer als Punktlichter. Besonders prekär wird es in gefliesten Umgebungen wie Bädern oder Küchenzeilen. Aber auch die Beleuchtung nahe gelegener Möbel oder Bauteile wird in glänzenden Oberflächen, wie beispielsweise Duschabtrennungen oder Möbelfronten als unrealistische helle Fläche mit den im Raum vorhandenen Strukturen zurückgeworfen.
Und trotzdem: 4 Beispiele für sinnvollen Blitzeinsatz bei Immobilienfotos
Es gibt Szenarien, in denen ein Blitzlicht dennoch ein guter Helfer sein kann. Grundsätzlich ist es aber so, dass der Blitz dann niemals direkt von der Kamera in die Fotorichtung zeigt. Dazu muss das Blitzlicht entweder in eine andere Richtung gedreht oder von der Kamera getrennt werden. Die synchrone Auslösung des Blitzes mit der Kamera erfolgt bei Letzterem entweder über ein Kabel, ein optisches Signal (Pilotblitz oder Infrarot) oder per Funk. Die Funkauslösung hat sich in den letzten Jahren durchgesetzt, weil sie die bequemste und zuverlässigste Verbindung für das entfesselte Blitzen geworden ist.
Ich empfehle, sich bei diesem Einsatz von Blitzen nicht auf die Automatik zu verlassen, sondern immer im manuellen Modus zu arbeiten, die Blitzleistung manuell einzustellen und sich mit Testfotos an die richtige Lichtmenge heranzutasten. Mit der Zeit entwickeln Sie dafür ein Gefühl und kommen immer schneller zum gewünschten Ergebnis.
Hinweis: Alle diese Verfahren benötigen Einges an Erfahrung und gelingen Laien so gut wie nie gleich bei der ersten Aufnahme.
1. Aufhellen starker Schatten von natürlicher Lichtquellen
An sonnigen Tagen zeigen Fassaden häufig starke Schatten unter Balkonen, Dachüberständen und in Fensternischen. Platziert man einen Blitz im Ausfallswinkel der Sonne, wird er die Schattenbereiche beleuchten. Damit werden Kontraste gemildert und Details in den dunklen Partien sichtbar gemacht. Weil Sie eine große Entfernung überwinden und gegen das helle Sonnenlicht ankämpfen müssen, ist die benötigte Blitzleistung deutlich im oberen Bereich anzusiedeln.
2. Beleuchtung kleiner fensterloser Räume mit wenig Stammlicht
Das innenliegende Bad oder der Hobbykeller haben meist wenig natürliches Licht. Auch wenn die originale Raumbeleuchtung nicht zur Verfügung steht, ist die Lichtmenge oft nicht ausreichend, um sinnvoll zu fotografieren. Hier bietet sich der indirekte Blitzeinsatz an. Dabei wird der Blitzkopf an die Decke gerichtet. Wird diese angeblitzt, wirkt die Zimmerdecke wie eine große Lichtfläche, die gleichmäßigeres und weiches Licht in den Raum streut. Auch hier ist mit einer höheren Leistung zu blitzen, denn die kleine Lichtfläche des Blitzes muss jetzt eine etwa 4000fach größere Reflexionsfläche mit Licht versorgen, um von dort ungerichtet in den Raum abzustrahlen und dabei einen relativ langen Weg zurückzulegen. Angesichts des eingangs beschriebenen Entfernungsgesetzes kommt man mit einigen Probeaufnahmen am schnellsten zum Ziel.
Tipp 1: Besser werden die Aufnahmen häufig, wenn man das Blitzlicht schräg nach oben und hinten richtet, weil dann neben der Zimmerdecke auch eine dicht hinter dem Fotografen liegende Wand für eine noch diffusere Lichtstreuung sorgt. Im Idealfall wird auch hier der Blitz entfesselt, damit das Motiv einen plastischen Schattenwurf erhält.
Tipp 2: Wichtig ist natürlich, dass die Wände und Decken eine neutrale Farbe haben und am besten weiß sind. Bei dunklen Anstrichen oder Oberflächen droht sonst Lichtverlust, bei farbig gestrichenen Flächen entstehen unschöne Farbstiche im Bild.
3. Gezielte Beleuchtung einzelner Motiv-Bereiche
Wenn man dem Blitz eine kleinere Leistung abverlangt und ihn wie eine einzelne Lampe im Raum einsetzt, kann er gezielt Licht auf dunkle Motivbereiche werfen. Natürlich sollte der Blitz während der Aufnahme nicht mit im Bild sein. Er wirkt dann wie ein Strahler oder eine Lichtquelle, die ganz bewusst eingesetzt wurde. Als Zubehör empfiehlt sich hier ein Lichtformer (Wabenvorsatz, Tubus), mit dem sich der Lichtkegel genau ausrichten lässt. Auch Farbfilter sind häufig erforderlich, um die Lichtfarbe des Blitzes der Raumbeleuchtung anzupassen.
Der amerikanische Architekturfotograf Mike Kelley treibt diese Technik auf die Spitze. Er setzt ganz gezielt derartige Lichtakzente, indem er von einer Szene 50 und mehr Aufnahmen macht und diese dann am Computer manuell zu Beleuchtungskunstwerken zusammensetzt.
4. Ausgleich zum hellen Tageslicht von außen
Die Helligkeitsunterschiede zwischen innen und außen sind mitunter eklatant. Man kann dem entgegenwirken, indem man mehrere Blitze sinnvoll im Raum verteilt, so dass sie die Grundhelligkeit im Raum anheben. Auch sie sind nicht im Bild zu sehen und lenken indirektes Licht in die Szene. Zur Perfektion getrieben hat dieses Verfahren mein amerikanischer Kollege, der Immobilienfotograf Scott Hargis.
Fazit
Für die ernsthafte Immobilienfotografie sollte man auf das Blitzlicht verzichten und die richtige Aufnahme-Methode beherrschen. So entstehen Fotos, die dem tatsächlichen Bildeindruck entsprechen und nicht durch qualitativ und quantitativ schlechtes Kunstlicht verfälscht sind. Diese zuverlässige Methode erlernen die Teilnehmer in meinen Workshops.
Aber ja, es gibt Situationen, da kommt der Blitz sehr gelegen. Dafür sollte man einen solchen in der Fototasche haben. Seine Benutzung verlangt aber nach Übung und Geschick, um Aufnahmen zu produzieren, die nicht unnatürlich wirken.
Empfehlungen für Blitzgeräte
Passend zu meinen Empfehlungen zur Basisausrüstung für Immobilenprofis stelle ich hier Blitzgeräte für die einzelnen Kameramarken sowie interessante Lösungen für das entfesselte Blitzen vor. Die Links führen zu Produktinformationen und Suchergebnissen bei Amazon.
der Serien α6…, α7(…) und α9(…)
der Serien X-T…
Markenübergreifend sind Blitzgeräte der Marke Metz zu empfehlen. Hier bitte auf die Kompatibilität mit der jeweiligen Kamera achten, ansonsten funktioniert die Kommunikation zwischen Blitz und Fotoapparat nicht und Sie zahlen im besten Fall viel Geld für einen manuellen Blitz.
Für das entfesselte Blitzen mit Nikon- und Canon-Kameras bietet die Marke Yongnuo ein vergleichsweise preiswertes und inzwischen zuverlässiges Funk-System an:
Funkblitzauslösesysteme mit Profistatus finden Sie bei PocketWizard.