Merk-Sprüche und Weisheiten für die Immobilienfotografie

Oliver M. Zielinski Oliver M. Zielinski - 17. Februar 2020 - in: Tutorials

Merk-Sprüche und Weisheiten für die ImmobilienfotografieNeben so bedeutsamen Zitaten wie „Es werde Licht“ (Gott in der Bibel) und „Wo viel Licht ist, ist starker Schatten“ (Goethe im Götz von Berlichingen), gibt es viele Sprüche und Weisheiten für die Immobilienfotografie, die man sich ruhig merken sollte. Denn sie helfen dem fotografierenden Immobilienprofi durch so manche Fotosession und geben ihm Anleitung, Hilfe und Stütze.

Ich habe für diesen Beitrag sechs der vielen hundert Zitate und Sprüche herausgenommen und auf Ihre Tauglichkeit für die Immobilienfotografie untersucht. Dabei habe ich bewusst auf die philosophischen und oftmals verschwurbelten Gedanken von Fotografen oder anderen Künstlern und Zeitgenossen verzichtet und mich im Wesentlichen auf Merksätze konzentriert.

Los geht’s.

„Die ersten 10.000 Fotos sind die schlechtesten“

Dieses Zitat wird alternativ den bekannten Fotografen Henri Cartier-Bresson und Helmut Newton zugeschrieben. Es bedeutet nichts weiter, dass man für gute Fotos lange Übung braucht.

Dabei schreckt die Zahl 10.000 zunächst ab. Wenn man aber bedenkt, wie viele Smartphone-Photos jeder in den letzen Jahren geschossen hat, dann rückt diese Zahl schnell dichter. Die meisten Handyfotos sind Schnappschüsse, bei denen einfach draufgehalten wird. Und genau so entstehen die im Titel genannten schlechten Aufnahmen. Mit der Zeit nervt die fragwürdige Qualität aber jeden auch nur ansatzweise selbstkritischen Geist, und man beginnt, sich mehr Mühe zu geben, so dass die Lernkurve automatisch steigt.

Zwar verbessert sich damit die Qualität – auch die der eigenen Immobilienfotos – doch die Fortschritte stellen sich nur langsam ein. Ein Trick besteht darin, bei den guten Aufnahmen der Profis abzuschauen, wie man besser fotografiert. Auch eine bessere Ausrüstung kann helfen. Doch hat man damit in den meisten Fällen noch nicht die passende Aufnahmetechnik parat. Hier hilft eine gezielte Weiterbildung.

Mit meinen Immobilienfoto-Workshops holen Sie dabei locker die letzten fehlenden 5.000 Fotos auf (kleiner Scherz am Rande).

Typischer Verlauf einer Lernkurve bei der Fotografie

Typischer Verlauf einer Lernkurve bei der Fotografie am Beispiel des genannten Zitats: 1. Lernphase „Schnappschuss“- meist mit dem Smartphone | 2. Anschaffung einer besseren Ausrüstung | 3. Lernphase „Equipment“ – die Eingewöhnung dauert ein wenig, und man ist mitunter mit den Ergebnissen noch nicht zufrieden. Aber permanente Übung führt langsam zu besseren Resultaten. | 4. Besuch einer spezifischen Fortbildung für die Immobilienfotografie | 5. Die Qualitätsverbesserung nimmt endlich Fahrt auf und erreicht schnell ein sehr hohes Qualitätslevel. Würde man das Seminar direkt nach dem Equipmentkauf ansetzen, dann käme man noch viel eher zu Qualitätsbildern.

„Die wichtigste Fotoausrüstung befindet sich hinter der Kamera“

Diese Aussage gehört zu den Sprüche und Weisheiten, die sich manchem nicht sofort erschließen. Also: Wer heute eine einigermaßen aktuelle Kamera, ein gutes Objektiv und noch ein paar andere Ausrüstungsgegenstände besitzt, ist für die Immobilienfotografie schon ganz gut gerüstet. Was jetzt noch fehlt, ist der Blick für das gute Foto. Ein schönes Motiv allein reicht nicht aus.

Der Kopf des Fotografen ist immer gefordert

Der Kopf des Fotografen ist immer gefordert

Schon vor der eigentlichen Aufnahme spielt sich im Kopf des Fotografen (also hinter der Kamera) ab, welche Parameter ein gutes Immoblienfoto ausmachen.

  • Wie gebe ich das Raumempfinden adäquat wieder?
  • Womit kann ich die krassen Lichtgegensätze heller Fenster bewältigen?
  • Wie bekomme ich das Motiv von vorn bis hinten scharf abgebildet?

Das sind nur drei der vielen Fragen, die sich mit etwas Übung und Erfahrung stellen und auch gleich beantwortet werden.

Wichtigster Grundsatz bei der Immobilienfotografie: Erst denken, dann auslösen. Denn Immobilien halten still und das Motiv ist auch einige Sekunden später noch exakt gleich, so dass Aktionismus nicht erforderlich ist. (Okay, mal abgesehen von wechselhaftem Wetter.)

„Gute Fotos erfordern 10% Inspiration und 90% Transpiration“

An dieser humorvoll gemeinten Aussage aus dem Reservoir Sprüche und Weisheiten werde ich bei fast jedem Fotoauftrag erinnert.  Das Thema Inspiration habe ich weitgehend im vorherigen Abschnitt behandelt. Doch ist es in der Tat so, dass insbesondere bei eingerichteten Objekten besonderes Augenmerk auf die Gegenstände im Bild gerichtet werden muss. Häufig werden im angeblich fertigen Bild noch minimale Mankos entdeckt, man geht also nochmal ins Motiv und rückt einen Stuhl gerade oder drückt die Falten aus der Couchdecke. Manchmal sind mehrere Korrekturgänge erforderlich. Kleinigkeiten werden somit schnell zur Strapaze.

Doch jeder einzelne Schweißtropfen hat sich gelohnt, wenn das fertige Bild einfach mehr Perfektion erhalten hat.

Manche Bilder brauchen mehrere Anläufe, bis es klappt.

Bilderserie aus einem Foto-Coaching, bei dem der Teilnehmer mögliche Fehler erkannt und beseitigt hat: Nach Bild 1 fiel auf, dass die Edelstahlkannen besser verteilt werden sollten (3er Regel). Bei Bild 2 gibt es einen Riesenfauxpas: Der Computer steht tatsächlich im Bild. Bei Bild 3 störte dann die riesige leere Fläche des Mitteltresens. Dafür wanderte dann auf Bild 4 die Schale von der Seite auf die Mitte. So wirkt das Bild harmonischer.

Auch das Aufstellen und Einrichten der Fotoausrüstung erfordert häufig körperliche Anstrengung. Sei es, weil man ein Stativ an unbequeme Stellen im Raum platzieren möchte oder weil man sich für einen bestimmten Blickwinkel verrenken muss, um das Bild im Kamerasucher zu beurteilen. Wer viel fotografiert, wird schnell eine leichte Ausrüstung und eine Kamera mit Klappdisplay zu schätzen wissen. Ausrüstungsempfehlungen gibt es hier.

„Vordergrund macht Bild gesund“

Eine Fotostrecke mit ausschließlich leeren Zimmern ist langweilig. Die Aufnahmen zeigen keine Tiefe und geben recht wenige Anhaltspunkte für die Räumlichkeit. Erst Elemente, die sich im Vordergrund befinden, erzeugen mehr Raumgefühl. Das können bei möblierten Immobilien natürlich einzelne Einrichtungsgegenstände sein.

Wenn man jedoch eine absolut leere Immobilie vorfindet, dann sollten die baulichen Gegebenheiten auf mögliche Tiefenstaffelungen untersucht werden. Das kann eine Treppe sein, ein Wandvorsprung, Einbaumöbel, eine Reihe von Fenstern oder ein Blick durch eine Türöffnung hindurch. Hier geht es im Wesentlichen darum, Sichtachsen zu schaffen, an denen das Auge des Betrachters vom Vordergrund in den Hintergrund entlangwandern kann.

Denn je länger der Betrachter bei jedem einzelnen Bild verweilt, um so stärker wird die Bindung zu Angebot, Objekt und Makler.

„Zwischen 11 und 3 hat der Immobilienfotograf frei“

Zwischen 11 und 3 hat der Immobilienfotograf freiHier geht es nicht um eine ausgedehnte Mittagspause, sondern um die Lichtverhältnisse. Immobilien sollen freundlich abgebildet werden. Da wir freundliches Wetter gern mit schönen Wohnbedingungen verbinden, ziehen viele Makler Mittags los und lichten ihre Objekte ab. Das führt jedoch zu krassen Lichtgegensätzen zwischen dem Hausinneren und dem Außenbereich und sorgt für starke Schatten, die manch schönes Detail verschlucken.

Die heute üblichen Kameras können dabei nur etwa die Hälfte des Helligkeitsspektrums darstellen, das das menschliche Augenlicht erfassen kann. Diese Beschränkung macht krasse Lichtverhältnisse noch prekärer.

Außerdem sorgt kaltes Tageslicht um die Mittagszeit für einen ungemütlichen Bildeindruck.

Auch wenn viele Makler es nicht wahrhaben wollen – die besten Immobilienfotos entstehen bei gedecktem Licht. Das kann beispielsweise ein leicht bewölkter Himmel sein (der immer noch schönes Sonnenlicht durchlässt) oder eben die Zeit, in der die Sonne nicht so aggressiv strahlt. Dann verlegt man ein Immobilienshoot besser in die Morgen- oder Abendstunden.

„Wenn Sonne lacht, nimm Blende acht“

Diesen Spruch kenne ich von meinem Vater, der mich bei meinen ersten fotografischen Gehversuchen als kleiner Junge begleitet hat. Hintergrund für diese Regel war, dass man bei einer Schwarz-Weiß-Filmempfindlichkeit von 20° DIN (heute etwa ISO 80) und einer Belichtungszeit von 1/125 Sekunde bei Sonnenschein mit Blende 8 gut belichtete Negative erzeugen konnte.

Die Regel half, eine ausreichend gute Belichtung auch ohne Belichtungsmesser zu erzielen, denn bei wechselnden Lichtverhältnissen oder einer anderen Filmempfindlichkeit konnte man davon ausgehend die Zeit und die Blende anpassen, wenn man die jeweiligen Lichtwert-Reihen beherrschte (kleines 1×1 der Fotografie). Dass dies einigermaßen gut funktionierte, lag aber auch daran, dass Schwarz-Weiß-Filme relativ gutmütig gegenüber leichten Fehlbelichtungen waren. Farbfilme konnten falsche Werte schon eher übel nehmen.

Bei Blende 8 haben die meisten Objektive die beste Abbildungsgüte

Bei Blende 8 haben die meisten Objektive die beste Abbildungsgüte

Meine Workshopteilnehmer lernen diese Weisheit eher scherzhaft kennen, denn die empfohlene Blende 8 hat in der Immobilienfotografie eine besondere Bedeutung (auch wenn die Sonne nicht scheint), weil die oft verwendeten Objektive aus dem gehobenen Amateurbereich auf einen Wert von 8 abgeblendet die beste Abbildungsgüte aufweisen. Außerdem hilft dieser Wert enorm, einen möglichst großen Bereich der Aufnahme scharf abzubilden.

Fazit: Sprüche und Weisheiten sind sehr gute Eselsbrücken

Insbesondere wer die ersten ernsthaften Schritte in der Immobilienfotografie unternimmt, kann sich mit solchen Merksätzen kleine Brücken bauen, um grundlegende Fehler zu vermeiden und schneller zu guten Ergebnissen zu gelangen. Ganz sicher gibt es noch viel mehr derartiger Sprüche und Weisheiten. Vielleicht ergänze ich bei Gelegenheit einige an dieser Stelle. Wenn Sie welche kennen, dann genügt eine kurze Nachricht an info@primephoto.de.

 
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