Dynamikumfang – Weshalb sind Teile in meinen Bilder zu hell oder zu dunkel?

Oliver M. Zielinski Oliver M. Zielinski - 5. September 2019 - in: Fragen und Antworten

Dynamikumfang - Weshalb sind Teile in meinen Bilder zu hell oder zu dunkel?Kürzlich erreichte mich per E-Mail die Frage eines deutschen Immobilienmaklers zu einer permanenten Herausforderung bei der Immobilienfotografie – dem so genannten Dynamikumfang. Dessen Begrenzung führt dazu, dass auch mit guten Kameras nicht das ganze Helligkeitsspektrum auf einem Foto dargestellt werden kann. Demzufolge werden Fenster überstrahlt oder Innenräume zu dunkel abgebildet.

Da die Makler-Nachricht und meine Mail-Antwort fast alle Aspekte zu diesem Thema abdeckten, gebe ich sie nachfolgend nahezu im Wortlaut wieder.

Nähere Informationen zur beschriebenen Ausrüstung mit Links zu Amazon finden Sie am Ende des Beitrags.

Mailverkehr zum Dynamikumfang

Von: info@xx-immobilien.de (geändert)
Gesendet: Mittwoch, 14. August 2019 11:31
An: info@primephoto.de
Betreff: Einstellung Kamera Nikon 5600

Guten Tag Herr Zielinski,

seit einigen Jahren erstelle ich die Fotos für die von unserem Unternehmen vermarkteten Immobilien selbst.

Mit den Ergebnissen bin ich nur bedingt zufrieden. Das Endresultat – nach der Bearbeitung der Fotos am PC – ist zwar immer ausreichend; jedoch würde ich gerne Fotos erstellen, die keine so intensive Nachbearbeitung am PC benötigen. Das Problem sind die schwierigen Lichtverhältnisse innerhalb der Immobilien. Ich fotografiere immer in Richtung Fenster, weil diese gezeigt werden sollen, und dabei entsteht ein harter Kontrast zwischen dem hellen Sonnenlicht draußen und dem relativen Dunkel im Wohnraum. Im Sucher der Kamera sieht immer alles gut aus. Die Räume erscheinen nicht dunkel und schattig; jedoch ist das Foto bei der Betrachtung am PC immer zu dunkel und es sind oft starke Schatten enthalten.

Verschiedene Kameraeinstellungen, die ich getestet habe, haben das Problem nicht behoben. Um die Lichtverhältnisse der Fotos zu verbessern, helle ich die Fotos am PC mit einer Gammawert-, Kontrast- und Farbintensitätsanpassung auf. Bei ganz dunklen Fotos ist das aufgrund der auftretenden Körnung manchmal leider nicht mehr möglich, so daß diese Fotos verloren sind.

Fotos die nicht direkt in Richtung einer Lichtquelle aufgenommen werden, sind deutlich besser; jedoch nach meinem Empfinden oftmals auch zu dunkel.

Gibt es eine Kamera mit Weitwinkelobjektiv, welche mit bestimmten Basiseinstellungen oder am besten im Automatikmodus Fotos annähernd in der Lichtstimmung aufnimmt, wie sie vom Auge in der Realität und im Sucher wahrgenommen (werden)?

Bislang habe ich die folgende Kameraausrüstung genutzt / Einstellung Automatikmodus Programm „P“:

  • Canon EOS 1200D
  • Objektiv Canon EF-S 10-18mm 1:4.5-5.6 IS STM

Nun bin ich Ihrer Empfehlung gefolgt und habe die folgende Kameraausrüstung gekauft:

  • Nikon D5600
  • Nikon AF-S DX Nikkor 10-24mm 1:3,5-4,5G ED
  • B+W Zirkularer Polarisationsfilter Käsemann

Die ersten Testfotos mit der Nikon-Kamera ergaben in allen Automatik-Modi leider fast identische Fotos, wie mit der Canon-Kamera.

Können Sie mir in einem Telefonat oder schriftlich Grundeinstellungen für die Nikon 5600 mitteilen, mit denen sich gute, helle Fotos erzielen lassen? …

Sind die Fotos auf Ihrer folgenden Internetseite aufwendig am PC nachbearbeitet oder lassen sich solche Lichtverhältnisse auch schon annähernd mit der Nikon 5600 abbilden?

Freundliche Grüße

Thomas S.


So sehen das Problem und die gewünschte Lösung aus:
Links: Bild aus der Kamera, Fenster sind zu hell, Schatten im Raum zu dunkel
Rechts: Hellere Innenaufnahme und trotzdem mehr Details im hellen Bereich (Fenster)

Von: info@primephoto.de
Gesendet: Mittwoch, 14. August 2019 12:19
An: info@xx-immobilien.de (geändert)
Betreff: AW: Einstellung Kamera Nikon 5600

Guten Tag Herr S.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Sie beschreiben genau eines der Probleme, die Immobilienfotografie so anspruchsvoll machen. Der so genannte Dynamikumfang, also der Bereich mit erkennbaren Details in den hellsten und gleichzeitig in den dunkelsten Bildteilen, ist selbst bei aktuellen Kameras nur etwa halb so groß, wie wir ihn mit dem menschlichen Auge wahrnehmen können. Deshalb fehlen bei den Aufnahmen häufig erkennbare Einzelheiten in den hellen (Fenster) oder den dunklen (Schatten hinter Möbeln) Bildbereichen. Manchmal sind auch beide Enden der Helligkeitsskala betroffen.

Allein mit den Kameraeinstellungen ist das nicht zu bewältigen.

Es kommt zunächst auf das richtige Equipment an – und da sind Sie mit der Nikon schon einmal auf dem richtigen Weg, denn sie hat einen verhältnismäßig großflächigen Sensor, dessen lichtempfindliche Elemente eleganter mit extremem Licht umgehen können, als Smartphones oder Kompaktkameras.

Dann sind die Tageszeit und das Wetter entscheidend. Gut ist es, wenn in den Morgen- und Abendstunden das Außenlicht nicht so grell ist. Oder auch ein leicht bewölkter Himmel kann helfen.

Wichtig ist auch, die Innenraumbeleuchtung einzuschalten, um das Helligkeitsgefälle zu mildern.

Große Bedeutung hat auch, die Kamera auf das RAW-Dateiformat (NEF bei Nikon) einzustellen, weil hier die Daten nahezu unberührt auf der Speicherkarte landen. (Beim JPG-Format werden die Bilder in der Kamera bearbeitet und angeblich unnötige Helligkeitsinformationen entfernt, um die Dateigröße zu verringern.) Das RAW-Format bietet für die Nachbearbeitung einen größeren Spielraum, benötigt aber unbedingt eine nachträgliche Bildbearbeitung mit geeigneter Software, weil RAW-Dateien nicht von sich aus angezeigt werden können.

Hier empfehle ich Adobe Lightroom Classic CC, weil in diesem Programm alle Werkzeuge für die Basisbearbeitung von Immobilienfotos versammelt sind und sehr intuitiv zu benutzen sind. Die Teilnehmer in meinen Bildbearbeitungsworkshops reduzieren, ohne Vorkenntnisse zu haben, noch im Verlauf der Veranstaltung die Bearbeitungszeit auf unter zwei Minuten pro Bild, dank des von mir favorisierten 8-Schritt-Workflows.

Sie sehen schon, dass es viele kleine Möglichkeiten gibt, das Bildergebnis zu verbessern. Die Kombination führt dann zu einem Bild mit höherer Dynamik.

Diese Kenntnisse per Mail oder am Telefon zu vermitteln, ist nicht so einfach. Aber wie Sie vielleicht wissen, biete ich Workshops an, in denen interessierte Immobilienprofis theoretisch und praktisch erfahren, wie sie zu ansprechenderen Bildern kommen und wie man mit meinem Workflow in der Software effizient Bilder verbessert. Schon die nächste Workshop-Runde findet am 30.09./01.10. in Köln statt. …

Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass ich direkt bei Ihnen vor Ort ein Personal Coaching für Sie veranstalte. Das ist zwar teurer, aber noch zielführender, weil ich viel intensiver auf Ihre Bedürfnisse eingehen kann. …

Hier finden Sie die Details zu meinen Veranstaltungen.

Die Fotos auf meiner Internetseite sind in der Tat größtenteils mit den von mir gelehrten Grundlagen der Immobilienfotografie und nachfolgendem 8-Schritt-Workflow zur Bildbarbeitung produziert worden. Es gibt bei einigen der Aufnahmen zusätzliche Retuschen, die aber nicht mit dem geschilderten Problem des Dynamikumfangs zu tun haben.

Ich hoffe, dass ich Ihnen erst einmal weiterhelfen konnte und freue mich auf Ihre nächste Nachricht.

Freundliche Grüße vom Berliner Stadtrand
Oliver M. Zielinski

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Erwähnte Basisausrüstung

Hier finden Sie die kompletten Empfehlungen zur Basisausrüstung für gute Immobilienfotos.

 
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