Immobilienfotografie – Trends 2022

Oliver M. Zielinski Oliver M. Zielinski - 7. März 2022 - in: Marketing

Immobilienfotografie - Trends 2022Ich habe mich ein wenig umgehört, um die Immobilienfotografie-Trends 2022 zu ergründen.

Natürlich hilft es dafür maßgeblich, dass ich durch meine Workshops in engem Kontakt mit Immobilienprofis aus ganz Deutschland, Österreich, der Schweiz und anderen Nachbarländern stehe und dabei immer wieder von deren Erkenntnissen, Meinungen und unternehmerischen Lösungen erfahre .

Außerdem ist es sinnvoll, sich auch auf dem amerikanischen Markt umzusehen. Denn in den vergangenen 10 Jahren haben sich viele der dort etablierten visuellen Trends mit unterschiedlicher Verspätung auch bei uns durchgesetzt: virtuelle Rundgänge, Video, Drohnenflug, fotografische Techniken, fotografische Ausrüstung etc.

Hier folgt jetzt eine kleine Auswahl, in der es vornehmlich um Ausrüstung, Techniken, Kosten, Marketing und ein wenig Ökonomie geht.

Mögliche Trends 2022 und ihre Auswirkungen auf die Immoblienfotografie

Vollformat statt APS-C

Vollformat statt APS-CMakler, die sich vor mehr als sieben Jahren eine Fotoausrüstung zugelegt haben, schauen sich zunehmend nach einem Upgrade für Kamera und Objektiv um. Die technische Entwicklung ist inzwischen soweit fortgeschritten, dass beim Equipment eine Auffrischung angebracht ist. Denn die Bilder werden schärfer und brillianter. Einer der Trends 2022 geht eindeutig in Richtung so genannter Vollformat-Kameras, die einen großen Bildsensor besitzen. Dieser gestattet Aufnahmen mit geringerem Bildrauschen und mehr Details in den hellsten und dunkelsten Bildregionen. Immer mehr Teilnehmer nehmen an meinen Workshops mit einer solchen gehobenen Mitteklassekamera teil. Meine letzte Analyse spiegelt diesen Trend in Ansätzen wider.

Spiegellos statt Spiegelreflex

Spiegellos statt SpiegelreflexWaren Kameras dieser Klasse früher schwere Spiegelreflex-Boliden, gibt es sie heute als spiegellose Systemkamera mit einem sehr bequemen Formfaktor. Die großen Hersteller legen die Einstiegshürden niedriger an, verlangen dafür aber auch mehr Geld. Jedoch ist die Mehrausgabe für den Qualitätszuwachs gerechtfertigt. An den fotografischen Prinzipien, den Grundeinstellungen und den Aufnahmetechniken ändert sich jedoch (fast) nichts. Auch hier ist ein deutlicher Zuwachs für die Systemkameras in meinen Workshops zu verzeichnen, zumal es in dieser Kameraklasse auch preiswertere Modelle mit sehr guter Qualität gibt. Eine solche Kamera führe ich inzwischen als Demogerät zu meinen Workshops mit und habe sie nun auch in meine Empfehlungen zur Basisausrüstung für Immobilienprofis vermerkt.

Mehr Fotos in den Exposés

Die Pandemie und die damit einhergehenden Beschränkungen haben viele Makler veranlasst, mehr Fotos in ihre Exposés zu packen, wohl mit dem Hintergedanken, dass sich somit mancher Besichtungungstermin ersetzen ließe.

Psychologische Schranken lassen sich aber nicht so einfach öffnen: Nach wie vor gilt, dass ab 25 Aufnahmen in einem Exposé die Aufmerksamkeit sinkt und das anfängliche Interesse sogar in Ablehnung umschlägt. Zumal ich gern anzweifle, dass in jedem dieser Angebote tatsächlich nur die besten Fotos verwertet wurden. Meine jährliche Untersuchung der Immobilienfotos auf Online-Portalen bestätigt das.

Preise für Immobilienfotos steigen

US-Analysen belegen, dass mit allgemeinem Kostenwachstum auch die Preise für Immoblienfotos steigen. Die Inflation lag bei uns über die letzten sieben Jahre kumuliert bei über 12 Prozent (2016: 0,5%, 2017: 1,5%, 2018: 1,8%; 2019: 1,4%; 2020:0,5%; 2021: 3,1%, 2022: 3,0%). Gleichzeitig gibt es derzeit erste Schritte, das extrem niedrige Zinsniveau anzuheben. So ist es nicht verwunderlich, dass auch die Dienstleistungspreise steigen.

Die Preise für Immobilienfotos hatten sich im gleichen Zeitraum hingegen leicht verringert. Professionelle Immobilienfotografen haben dem Markt den Rücken gekehrt, weil sie sich dem Preisdumping durch fotografische Quereinsteiger bei gleichzeitigem Mangel an (Foto-)Qualitätsbewusstsein der Immobilienbranche nicht länger aussetzen wollten. Übrig bleiben einige wirklich professionelle Anbieter, die mit durchweg exzellenter Qualität überzeugen – die allerdings auch nicht zum Discounttarif zu haben ist.

Kleiner Trost: Gleichzeitig sind aber auch die Immobilienpreise und damit hoffentlich Maklererlöse gestiegen, so dass die Investition in bessere Fotos erträglicher erscheinen sollte.

Virtuelle Touren, Videos und andere Zutaten

Während sie hierzulande einen kleinen Hype erleben, nimmt die Zahl der virtuellen Touren jenseits des Großen Teiches schon wieder ab. Begründet wird dies mit dem Abflauen der Pandemie und wiedererlangten Freiheiten für Besichtigungstermine. Außerdem hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass „clicky-looky“ eben doch nicht jedermanns Mentalität ist. Deshalb fahren viele Makler wieder mehrgleisig zugunsten von Foto und Video.

Dafür erfreut sich das Immobilienvideo einer wahren Renaissance. Mobilere Technik und leistungsstarke Software gestatten eindrucksvollere Aufnahmen, als dies vor einigen Jahren mit vergleichbarem Einsatz noch möglich war. Viele Fotoprofis können diesen Service liefern, weil sie in Sachen Technik und Knowhow beachtlichen Vorsprung haben.

Beide interaktiven Anzeigeformen hatten in der Vergangenheit an Boden gewonnen. Inzwischen erreichen beide in etwa das gleiche Preisniveau, da für einen gut gemachten interaktiven Rundgang und ein gutes Immobilienvideo in etwa gleiche Kosten und Investitionen sowie Zeit- und Produktionsaufwände erforderlich sind.

Klassische Diashows hingegen, bei denen einzelne Fotos nacheinander eingeblendet werden, sind quasi tot. Da helfen auch keine Spezialeffekte wie Überblendungen und Ken-Burns-Animationen.

Grundrisse werden immer seltener in Online-Exposés gezeigt.

Spezialtechniken bei der Aufnahme von Innenfotos

Unter den professionellen Fotografen setzt sich zunehmend die so genannte Flambient-Technik durch, bei der mehrere Aufnahmen mit unterschiedlichen Lichtquellen (Flash & Ambient / Blitzlicht & Umgebungslicht) gemacht und diese nachträglich in der Software montiert werden. Damit lassen sich die krassen Helligkeitsunterschiede zwischen Innen und Außen noch besser ausgleichen.

Die klassische HDR-Serie, auf die ich auch in meinen Workshops eingehe, ist nach wie vor beliebt, weil sie recht einfach zu handhaben ist.

Makro-ökonomische Faktoren

Auch wenn die Nachfrage vorhanden ist, wird die Umsetzung jedoch erschwert. Im Listing, beispielsweise auf Immoblienportalen, sind längere Standzeiten für Verkaufs-Immobilien zu erwarten. Dafür sprechen drei Gründe, die unabhängig vom amerikanischen Markt kürzlich genau so einer meiner deutschen Workshopteilnehmer analysiert hat:

  • Hohe Preise wegen starker Nachfrage führen generell zu Kaufhemmung.
  • Lieferkettenprobleme für Renovierungs- und Baumaterialien wirken auf Kaufinteressenten abschreckend, da die Mehrzahl aller Immobilien vor dem Neubezug einem Re-Modelling unterzogen wird.
  • Zu erwartende Zinsanhebungen machen Immobilien teurer.

Trends 2022 – Das Fazit

Schon in nicht allzu ferner Zukunft gewinnt beim visuellen Marketing Produktqualität noch mehr an Bedeutung. So wie das im gehobenen Sektor häufig schon zu beobachten ist, werden sich diese Trends 2022 auch in anderen Bereichen des Immoblienhandels durchsetzen. Das betrifft sowohl die klassische Immoblilienfotografie als auch die verschiedenen visuellen Zusatzdienste für das Immoblienmarketing.

Durch steigende Preise und weniger Kaufinteressenten überlegen Verkäufer sehr genau, wen sie ihr Haus vermarkten lassen. Der beste Vermarkter erhält den Zuschlag.

Gute Präsentation wird daher immer wichtiger.

Dieser Trend, angefeuert durch Inflation und Pandemie, wird vermutlich über 2022 hinaus anhalten. Möglicherweise gelangen deswegen aber auch wieder mehr Immobilien auf den Markt, weil mehr Eigentümer das Kapital anderweitig benötigen.

 
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